Logseq & Obsidian: Gedanken zur Zukunftssicherheit und Interoperabilität

Im Bereich des Personal Knowledge Management (PKM) gibt es zwei Notizen-Apps, die seit einiger Zeit im Fokus stehen: Obsidian und Logseq. Mit beiden lässt sich das eigene Wissen mittels Graphen organisieren und auffindbar machen. Im Gegensatz zu anderen bekannten Anbietern wie Evernote, Notion oder Roam Research, sind sie jedoch keine Software-as-a-Service-Angebote (SaaS), sondern lassen sich lokal auf dem eigenen Computer installieren und auch die Notizen werden lokal gespeichert.

Dieses Merkmal, dass die eigenen Daten lokal vorliegen, ist aus Sicht der Datensicherheit, Zukunftssicherheit und Interoperabilität ein sehr großer Pluspunkt. Genau aus diesem Grund fokussieren beide Anbieter ihr Marketing genau auf diese Stärke.

Bei beiden Softwareprodukten werden die Notizen im offenen Markdown Format gespeichert. Bei Logseq kann wahlweise auch das org Format verwendet werden. Markdown wird auch von vielen anderen Produkten zur Formatierung von Texten eingesetzt. Beispielsweise bei Microsoft Teams und Discord. Es ist somit eines der offensten und kompatibelsten Formate für die eigenen Notizen.

Markdown != Markdown

Markdown ist jedoch nicht gleich Markdown. Es gibt hiervon verschiedene Varianten (z.B. GitHub Flavored Markdown, Markdown Extra, LiaScript) und auch Obsidian und Logseq verwenden ihre eigene Interpretation von Markdown. Hierbei kommt Obsidian von seinem Konzept her noch am ehesten an das Standard Markdown heran. Durch bestimmte Funktionen innerhalb von Obsidian gibt es zwar Abweichungen, aber zu einem Großteil werden die in Obsidian erstellten Notizen auch in jedem anderen Programm – welches Markdown verarbeiten bzw. anzeigen kann – gut dargestellt werden. Das liegt an dem grundlegenden Konzept von Obsidian, dass die Software eigentlich selbst nur ein Betrachter für Markdown Dateien (in einem Ordner) ist. Demzufolge wird auch die im Obsidian Vault angelegte Stuktur aus Dateien (Markdown) und Ordnern 1:1 auf dem Dateisystem abgebildet.

Etwas anders ist dies bei Logseq. Diese App legt die Notizen zwar auch in einer Ordnerstruktur ab, diese ist jedoch vorgegeben. Aber auch der Umstand, dass Logseq ein Outliner ist, also dass alle Inhalte als ein- und ausklappbare Listenpunkte organisiert sind – sorgt für gewisse Schwierigkeiten hinsichtlich der Kompatibilität. Vergleichbar ist Logseq daher eher mit anderen Outlinern, wie Roam Reseach oder Workflowy und Obsidian zu klassischen Notizen-Apps, wie Evernote.

Markdown in Logseq

In diesem Screenshot wird die gleiche Notiz einmal in Logseq selbst und in einem Text-Editor dargestellt. Dadurch wird deutlich, wo die Unterschiede sind und wie brauchbar eine Notiz noch ist, wenn sie nicht mehr in Logseq geöffnet wird. Problematisch sind hier vor allem die Referenzierungen bzw. das Einbinden von einzelnen Listenpunkten (Blöcke). Denn ohne den internen Index von Logseq lassen sich diese Referenzen nicht mehr auflösen.

Das bringt mich zu der Frage, wie nützlich die eigenen Notizen noch sind, wenn es Logseq einmal nicht mehr geben sollte bzw. nicht mehr weiterentwickelt wird? Oder sei es nur, weil Logseq den eigenen Anforderungen nicht mehr gerecht wird? Sicher, die Dateien lassen sich weiterhin öffnen. Aber mit der Struktur aus Logseq kann es schwierig werden, damit direkt weiterzuarbeiten.

Im Vergleich auch die Gegenüberstellung der Notiz in Obsidian und einem Text-Editor:

Zukunftssicherheit und Kompatibilität nur eine schöne Illusion?

Insbesondere wenn in den eigenen Notizen sehr viele Referenzen auf einzelne Absätze bzw. Blöcke vorgenommen werden, leidet die Kompatibilität. Denn diese Referenzen können nur von den Programmen selbst wieder aufgelöst werden, da es für diese Funktion keinen allgemeingültigen Standard innerhalb von Markdown gibt.

Und auch die weiteren Entwicklungen der Anwendungen, wie z.B. die Einführung der Whiteboards sorgen dafür, dass sich die Programme immer weiter vom standardisierten Markdown entfernen und somit die angepriesene Offenheit und Interoperabilität darunter leidet.

Datenexport und Wechsel der Apps

Das Thema Zukunftssicherheit wird vor allem dann relevant, wenn man mit seinen Notizen auf eine andere Anwendung wechseln möchte. Beispielsweise weil sich die bisherige Notizen-App in eine Richtung entwickelt, die man selbst nicht einschlagen möchte, der Eigentümer gewechselt hat oder eine andere Sache, bei der man sich unwohl fühlt. Ein gutes Beispiel für eine solche Veränderung bei der Firmenpolitik ist sicherlich Evernote.

Evernote ist eine sehr populäre und bereits sehr lange etablierte Notizen-App. Entsprechend war es für neue Anwendungen in diesem Bereich ein Muss gewesen, einen Importer für Evernote-Notizbücher anzubieten, wollte man Evernote Nutzer zum Wechsel bewegen. Heutzutage ist der Bereich mit unzähligen Anbietern jedoch wesentlich stärker zersplittert, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Entsprechend kann sich ein Anwender immer weniger darauf verlassen, dass andere Apps einen Importer oder Konverter anbieten, um die eigenen Notizen zu importieren und weiterhin nutzbar zu halten.

Auf diesem Grund ist es wichtig, dass die Notizen in einem möglichst offenen und standardisierten Format gespeichert werden. So sind sie nicht an eine bestimmte Anwendung gebunden. Gerade die eigenen Notizen gehören in meinen Augen hier zu den kritischen Daten, da oftmals sehr viel Arbeit in diese geflossen ist und sich der Nutzen oftmals erst über die Zeit auszahlt. Wenn diese dann nicht mehr vollständig lesbar sind oder über unzählige Apps verstreut liegen, ist der Nutzen irgendwann nicht mehr gegeben.

Möglicherweise etabliert sich mit der Zeit auch eine Art (erweiterter) Standard für die Speicherung von Notizen oder zumindest, wie diese zwischen den Apps zuverlässig ausgetauscht werden können. Die App Tana beispielsweise bietet ein eigenes Intermediate Format an, quasi ein neutraler Standard für die Entwicklung von Importern nach Tana.

Fazit

Die Entscheidung von Logseq und Obsidian auf das Markdown Format zu setzen, hat sicherlich zu einem großen Teil zu ihrem Wachstum beigetragen. Jedoch kommen solche funktionsreichen Anwendungen relativ schnell an die Grenzen von Markdown, da dieses zur einfachen Formatierung von Texten entwickelt wurde. Durch die Modifikationen und Erweiterungen, um die eigenen Funktionen umzusetzen, leidet jedoch die Interoperabilität und die Sicherheit, die Notizen auch nach Jahren noch öffnen zu können (ggf. in anderen Apps). Auch die zahlreichen Plugins/Erweiterungen verschärfen dieses Problem noch.

Ob dies irgendwann wirklich ein Problem wird, zeigt sich erst in der Zukunft. Bei Logseq wahrscheinlich noch eher als bei Obsidian. Dafür hat Logseq wiederum noch den Vorteil, dass dieses Programm echtes Open-Source* ist und somit von jedermann weiterentwickelt und am Leben gehalten werden kann.

* Einzelne Bestandteile, wie z.B. der Sync und die End-to-end-Verschlüsselung, sind jedoch Closed Source.

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Autor

Christian Beier

Hi, ich bin Christian! Ich unterstütze Unternehmen dabei ihre Geschäftsanwendungen und Prozesse zu digitalisieren. Hier blogge ich über Drupal, Webentwicklung, Digitalisierung, Projektmanagement und andere Themen, die mich interessieren. Per RSS abonnieren. Schreibe mir eine Mail an [email protected] oder folge mir auf LinkedIn oder Mastodon.